Dendrochronologie

Interdisziplinäres Forschungsvorhaben "Paläowald Reichwalde" (Paketantrag DFG)

Paläoökologische Rekonstruktion eines spätglazialen Waldes sowie der spätglazialen und holozänen Landschaftsgeschichte in der nördlichen Oberlausitz in Zusammenhang mit ihrer ur- und frühgeschichtlichen Besiedlung

Zielsetzung des Vorhabens: Die paläoökologische Rekonstruktion eines spätglazialen Waldes sowie der umgebenden Landschaft in ihrer spätglazialen und holozänen Entwicklung in der nördlichen Oberlausitz unter dem Einfluß der Besiedlung durch den Menschen - ausgehend von umfangreichen Befunden zur Landschafts-, Vegetations- und Besiedlungsgeschichte, die einzigartige, hervorragend erhaltene Waldvorkommen der Späteiszeit einschließen.

Die multidisziplinären Untersuchungen zur Klima-, Vegetations- und Landschaftsgeschichte werden im Tagebauvorfeld Reichwalde durchgeführt. Seit 1997 wurden in umfangreichen Ausgrabungen unter Niedermooren großflächig mehrere spätglaziale Waldvorkommen freigelegt und dokumentiert, die in räumlichem Zusammenhang mit spätpaläolithischen Siedlungsbefunden stehen.

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Die untersuchten Bäume ermöglichten die exakte dendrochronologische Datierung der ausgegrabenen Waldflächen und erweiterten die bestehende mitteleuropäische Jahrringchronologie des Spätglazials. Die 14C-Daten der Bäume liefern einen wesentlichen Beitrag zur terrestrischen jahrringgestützten 14C-Kalibration.

Dendroökologische Untersuchungen ermöglichten die Rekonstruktion von Flächen eines späteiszeitlichen Waldes, der durch häufige Waldbrände, Vernässung und sich ändernde klimatische Bedingungen starken Veränderungen unterworfen und kleinräumig heterogen strukturiert war. Der Aufbau einer Feuerchronologie des Spätglazials hat einzigartige Ergebnisse erbracht.

Um die Rekonstruktion des sehr heterogen strukturierten Waldes besser zu fassen, sind weitere Untersuchungen nötig. Die vielen Waldphasen, die sich sowohl räumlich als auch zeitlich unterscheiden, müssen mit weiteren Proben ergänzt werden. Vor allem die Feuerchronologie muss durch weitere Belege an Hölzern abgesichert und verfeinert werden. Hier werden vor allem die Untersuchungen zur Saisonalität der Brände neue Erkenntnisse bringen. Insgesamt werden sich neue und wesentliche Erkenntnisse zur Umwelt- und Klimageschichte des Spätglazials ergeben.

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Die Arbeiten wurden von geologischen, hydrologischen und bodenkundlichen Untersuchungen begleitet, die auch angrenzende Landschaftsteile wie Flußaue und Binnendünen umfassen. Diese projektbezogenen Vorarbeiten wurden vom Landesamt für Archäologie des Freistaates Sachsen durchgeführt und finanziell getragen (Grabungsprojekt "Tagebauvorfeld Reichwalde" von 1993 bis 2001).

Geländearbeiten zur Probensicherung und Untersuchungen zu Pollen und Großresten an der Universität Hohenheim wurden ebenfalls vom Landesamt finanziert. Die umfangreichen dendrochronologischen Vorarbeiten an der Universität Hohenheim und die 14C-Untersuchungen wurden/werden auch im Rahmen des abgelaufenen BMBF Klimaforschungsprojektes (Isotopenklimatologie aus Jahrringen) und des aktuellen Klimaforschungsprogrammes DEKLIM (PROSIMUL) vorangetrieben.

Die mehrjährigen Geländearbeiten und Voruntersuchungen werden zudem von paläoökologischen und dendroökologischen Lehrveranstaltungen des Instituts für Botanik der Universität Hohenheim begleitet.

 

Weitere zu erwartende Ergebnisse

Hochauflösende Klimarekonstruktion des Spätglazials der Oberlausitz anhand von Multiproxydaten (paläogeographische Rekonstruktionen, Stabile Isotope, Jahrringzuwachs, Pollen, pflanzliche Großreste und Baumwachstums-Modellierung)

Überprüfung aktueller ökophysiologischer Wachstumsbeziehungen unter anderen (späteiszeitlichen) Klimabedingungen bzw. in einem Zeitraum starker Klimaschwankungen

Landschafts- und Besiedlungsgeschichte und ihre Verknüpfung als Modell für die nördliche Oberlausitz

Klärung siedlungsgeschichtlicher Diskontinuitäten in der Oberlausitz anhand des Verlaufes der spätglazialen und holozänen Sedimentations-, Erosions- und Vegetationsentwicklung

Stand 03/2006